SEILBAHN
KERBER-GRANIT
„Steinreich“ war einst der nördliche Landkreis
Mit einer Seilbahn wurden die Steine von Büchlberg zur Eisenbahn transportiert,
Schutzbrücken sicherten die Hauptstraßen
Bericht von Josef Heisl
Im Vordergrund ist eine Stützvorrichtung für die Seilbahn nach Fischhaus erkennbar. Im Hintergrund der Steinbruch Büchlberg. Bildquelle: Foto Woias
Im wahrsten Sinne des Wortes
„steinreich“ war einst der nördliche Landkreis Passau. Mit
seinen Zentren für den Granitabbau im Dreiburgenland, dem Raum
Hauzenberg und der Steinhauergemeinde Büchlberg bot das Gebiet
tausenden von Menschen Lohn und Brot. Die Qualität der Produkte war
über Europa hinaus bekannt und geschätzt. Alte Bauten zeugen noch
heute weltweit von dieser glorreichen Zeit. Einige Firmen, wie Kusser
in Aicha vorm Wald, exportieren auch aktuell noch ihre Kunstwerke in
die ganze Welt.
Im Gegensatz zur heutigen technischen
Ausstattung war früher Vieles Handarbeit. Besonders der Transport
der Steine war im ausgehenden 19. Jahrhundert eine große
Herausforderung, zumal in dieser Zeit noch die Pferdefuhrwerke
dominierten. Große Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung
der Region hatte deshalb der Bau der Eisenbahn von Passau nach
Freyung. Davon wollte auch die Familie Kerber profitieren, die in
Büchlberg seit 1870 einen Steinbruch betrieb, später auch einige in
Tittling, Fürstenstein und Hauzenberg. In Büchlberg errichtete
Kerber sogar im Jahr 1890 eine Steinhauerschule. Doch trotz aller
Bemühungen konnte man keinen Gleisanschluss in die Gemeinde bringen.
So mussten weiterhin die Steinprodukte
mit Pferdefuhrwerken nach Kalteneck zur Verladung transportiert
werden. In Aufzeichnungen dazu heißt es, dass täglich bis zu zehn
Gespanne unterwegs gewesen seien. Als im Jahre 1910 von der Fa.
Kerber ein Elektrizitätswerk errichtet worden war, traf man Anfang
des 20. Jahrhunderts die Entscheidung, eine Seilbahn von Büchlberg
nach Fischhaus zu bauen, wo sich ein Bahnhof befand und später auch
die Verladestation.
Im Jahre 1912 beauftragte Kerber die
renommierte Leipziger Fa. Adolf Bleichert & Co mit dem Bau dieser
Schwebebahn. Die damals hoch moderne Anlage wurde 5,5 km lang und mit
Strom betrieben, den Kerber in der Kittlmühle selbst erzeugte. In
regelmäßigen Abständen gab es hölzerne Konstruktionen als Stützen
für den Betrieb der Seilbahn, bei Straßenüberquerungen wurden zur
Sicherheit vor herabfallendem Ladegut Schutzbrücken gebaut.
Historische Aufnahme: Alois Bittner belädt in Büchlberg eine Hänge-Lore. Bildquelle: Foto Woias
So sah die damalige "Schutzbruck" aus, die die Straße bei Büchlberg überspannte. Bildquelle: Foto Woias
Die erste Schutzbrücke befand sich auf
Höhe des heutigen Baugebietes Katzendorfer Feld, die nächste kurz
vor Leoprechting wo die B12 überquert wurde. Eine weitere
Schutzbrück wurde bei der Überquerung der Staatsstraße von
Hutthurm nach Ruderting, kurz nach der heutigen Abzweigung nach
Hötzdorf errichtet. „Mit dem Straßennamen „Zur Schutzbrücke“
haben wir die Geschichte wieder aufleben lassen“, erklärt
Bürgermeister Josef Hasenöhrl, der selbst gerne die Schauräume auf
dem Bergholz besucht, die so viel über die Geschichte seiner
Steinhauer-Gemeinde berichten.
Die Bahn endete in Fischhaus in einer
großen Holzkonstruktion über den Gleisen, so konnte man bequem die
Steine von oben her mit wenig Aufwand auf die Güterwaggons verladen.
Bis zum 2. Weltkrieg wurden nach Aufzeichnungen täglich bis zu zehn
Eisenbahnwaggons beladen. Die Schwebebahn leistete bis 1955 wertvolle
Dienste, waren doch im Kerber-Steinbruch über 100 Steinmetze,
Hilfsarbeiter und Schmiede beschäftigt, die enorme Mengen
produzierten. Formsteine für Gebäude, Pflastersteine, Fenster- und
Türgesimse, Stufen sowie Wasserbausteine und Schotter waren die
Hauptprodukte, die hergestellt wurden. Hauptsächlich Pflaster- und
Bruchsteine wurden per Seilbahn zum Zug transportiert, manchmal soll
auch ein Steinhauer in einer Lore mitgefahren sein.
Hier waren die Loren am Ziel in Fischhaus (Verladestation). Foto: Gemeindearchiv
Von diesem Turm aus, der heute Dr. Christoph und Marion Kandziora gehört, wurde die Anlage mit Strom versorgt. Noch heute ist im Grundbuch das Recht eingetragen, eine Seilbahn zu betreiben. Foto: Heisl
Der Steinmetz Mathias Pongratz, der 33 Jahre bei Kerber gearbeitet und das alles noch hautnah miterlebt hat, sprach einmal in einem Interview von der Seilbahn als einer Errungenschaft. Über fünf Kilometer querfeldein auf Holzständern sei sie verlaufen. In die Loren habe man die Steine einfach hineingeschmissen, weshalb wertvollere Produkte nicht mit der Drahtseilbahn transportiert wurden. Mit einem schweren Motor sei der Start jeweils bewerkstelligt worden. Wenn die Bahn einmal gelaufen sei, dann sei das Ganze kein Problem mehr gewesen. Nur im Winter, wenn die Seile nass oder beschneit waren, haben mehrere Arbeiter beim Start am Seil mitziehen müssen bis ein Feld von Lore zu Lore durchgezogen war.
Im Jahr 1958 begann Zug um Zug der Abbau dieser eindrucksvollen Anlage. Mittlerweile hatte der Lkw die Seilbahn überflüssig gemacht. Zudem wurde die Straße von Hutthurm nach Ruderting ausgebaut und in Fischhaus 1953 die heutige Ilzbrücke errichtet. So wurden Fischhaus und Kalteneck mit ihren Bahnhöfen Lkw-Verladestationen für die Steinprodukte aus dem Kerber-Bruch.
Auf dem Originalschauplatz, dem Büchlberger Bergholz, kann unweit des neuen Aussichtsturms in einer Ausstellung über den Granitabbau noch mehr erfahren werden. Geöffnet sind die Schauräume nach Bedarf, der Eintritt ist frei und der pensionierte Lehrer Ludwig Schmeizl führt gerne durch die Ausstellung. Kontakt Tel. 08505-90080.